Ein Hotel auf dem Land, wie das Neumühle SPA & Resort, trifft der Fachkräftemangel besonders hart. Könnte man meinen. Doch für Geschäftsführer Christoph Hoenig ist die abgeschiedene Lage ein Grund mehr, HR-technisch erst richtig loszulegen. Mit seiner Philosophie von Wertschätzung und Respekt begeistert er besonders Quereinsteiger:innen für den Beruf am Gast. „Persönlichkeit kommt vor Zeugnissen und Lebenslauf“ – so sein Credo.
Personalknappheit und verändertes Reiseverhalten fordern von vielen Hotels eine langfristige Transformation und neue Unternehmenskulturen. Wie findet die Gast-Branche heute neue Fachkräfte für morgen?
„Wo Liebe ist, ist der Sinn des Lebens erfüllt.“ Das Zitat von Dietrich Bonhoeffer weist in eine Richtung, in die wir gehen müssen. Da wir einen wesentlichen Teil unseres Lebens bei der Arbeit verbringen, sollten wir den Anspruch besitzen, dort auch für das, was wir sind und was wir tun, respektiert und geliebt zu werden. Auch wir in der Neumühle haben über die Jahre einen Wandel vollzogen. Heute fokussiert sich unsere Unternehmensphilosophie auf die Begriffe der Wertschätzung und des gegenseitigen Respekts. Ich weiß, das mag sich in manchen Ohren immer noch ein wenig sentimental anhören, doch wenn wir ehrlich sind, geht es im Leben und im Beruf genau darum. Und für die neue Generation der beruflichen Leistungsträger:innen ist das bereits heute ganz selbstverständlich.
Welche veränderten Erwartungen stellt die neue Generation der Berufseinsteiger:innen heute an die Arbeit im Hotel?
Die Generation „Z“ hat eine neue Perspektive auf Arbeit und Zeit. Ihr geht es nicht mehr nur um Arbeit als „Muss“. Junge Menschen suchen Sinn in ihrem beruflichen Handeln. Um sie zu gewinnen, sollten wir nicht mehr nur von einem „Arbeitsplatz“ sprechen, sondern von einem „Lieblingsplatz“. Unseren Claim in der Neumühle haben wir dahingehend neu ausgerichtet – er lautet: „Der vielleicht entspannteste Moment deines Lebens“. Das ist bei uns nicht nur Marketing, sondern unsere DNA. Denn das macht Sinn: Gäste können nur dann entspannt sein, wenn es die Gastgeber auch sind. Wir dürfen nicht nur die Arbeitskraft sehen, sondern müssen die Kraft aufbringen und uns die Zeit nehmen, jene wundervollen Menschen zu respektieren, die unsere Branche zu der vielfältigsten und abwechslungsreichsten der Welt machen.
Wie finden sie für die Hotellerie neue Talente mit Potenzial und welche Rolle können dabei Quereinsteiger spielen?
Die meisten Unternehmen entscheiden nach wie vor noch nach den „Hardskills“ von Bewerber:innen. Doch im Großen und Ganzen lebt ein Hotel nicht von Menschen, die besonders gut ausgebildet sind, sondern durch die Menschen die ein Haus mit Leben, Liebe und Leidenschaft füllen. Aus diesem Grund schauen wir bei den Bewerbungen nicht mehr nur auf Zeugnisse oder Lebensläufe, sondern machen mit den Bewerber:innen einen kompakten Persönlichkeitstest. So können wir früh erkennen, ob sie zu uns und wir zu ihnen passen. Der größte Teil unserer Mitarbeiter:innen in der Neumühle hat keine hotellerie-spezifische Ausbildung. So verfügen wir über eine große Zahl von Quereinsteiger:innen, die sich über Vielfältigkeit und Persönlichkeit definieren und mit großer Leidenschaft jeden Tag aufs Neue als begeisterte Gastgeber:innen auftreten. Die Summe der verschiedenen individuellen Erfahrungen und persönlichen Perspektiven führt dazu, dass sich unser Hotel jeden Tag ein Stück weit neu erfindet. Dabei hat jede:r das Gefühl, an etwas Großem zu arbeiten.
Funktioniert das „sich neu erfinden“ von selbst oder fördern Sie die Gemeinschaft bewusst und ganz aktiv?
Man muss fördern, das ist ganz wichtig. Wir organisieren und offerieren beispielsweise ein großes Angebot an Freizeitaktivitäten. Alle zwei Wochen werden von uns beispielsweise verschiedene Ausflüge angeboten. Gemeinsam besuchen wir Freizeitparks, fahren Rad, spielen zusammen Volleyball und feiern zweimal im Jahr gemeinsam großartige Feste. Die emotionale Bindung zum Unternehmen haben wir dadurch nachhaltig gestärkt und immer öfter werden aus Kolleg:innen Freunde.